Die letzten Jahre haben durcheinandergewirbelt.
Uns Menschen, unsere Arbeitswelt, unsere Freizeit, unsere Gesellschaft und unser Sicherheitsempfinden. Und sie haben vieles aufgedeckt. Missstände, veraltete Werte und neue Wege. In unserer Arbeit kommen wir täglich in Kontakt mit diesen Themen. Mit dem, was Menschen bewegt. Dies zeigt sich in den vielen Trends, die wir in den letzten Wochen verstärkt feststellen und die sich zu manifestieren scheinen.
Das haben auch wir in unserer Arbeit deutlich gespürt. Doch was machen wir bei Elementartraining eigentlich genau? Welche Trends haben wir in den letzten Monaten, auch mit Corona, festgestellt? Und was bedeutet das für Unternehmen?
Wir Menschen möchten vermehrt individuell Potenziale wecken und entfalten. dafür müssen wir hinter den Horizont gucken. Um zu verstehen, was Menschen wirklich umtreibt, welche Blockaden vielleicht vorhanden sind und wie Potenziale, die in uns allen stecken, identifizieren und ausbauen können. Damit Menschen zufriedener sind, ihre Ziele erreichen und sich mit sich selbst wohl fühlen. Dies tun wir bei Elementartraining beispielsweise im Kontext von Coachings, Trainings und Unternehmensberatung. Indem wir Leitlinien und Werte definieren und uns mit Herz und Leidenschaft seit mittlerweile über 20 Jahren stets neu fokussieren.
Haben sich diese Werte im Laufe der Zeit gewandelt? Und speziell in den letzten Monaten?
Ja, tatsächlich. Besonders im bisherigen Verlauf des Jahres 2020. Quasi aus der Not heraus geboren mussten sich viele Unternehmen besonders im Digitalen wandeln. In unserem Bereich von Training und Coaching, die ja auch vom persönlichen Faktor leben und profitieren, haben sich viele Unternehmen schwer damit getan, sich auch hier zu digitalisieren und digitale Medien zu nutzen.
Corona ist ein Wirkungsbeschleuniger. Nach einer Zeit, in der alles still stand, merken wir jetzt, wie immer mehr Menschen und Unternehmen sich mit virtuellen Möglichkeiten anfreunden und lernen, auch die Notwendigkeit und die Vorzüge dieser zu schätzen. Dies auch in dem Zusammenhang, dass viele Führungsverantwortliche erlebt haben, dass sie – besonders in Krisenzeiten – ihre Mitarbeitenden weiter entwickeln, unterstützen und sich mit ihnen verändern müssen. Um das geballte Gefühl der Verunsicherung verantwortungsvoll wahrzunehmen. Firmen haben mir und meiner Kollegin Svenja Rose die Frage gestellt, wie wichtige Themen abgebildet werden und sie dennoch dem Infektionsgeschehen und unternehmensinternen DSGVO-Regeln Rechnung tragen können. Neben der Notwendigkeit haben viele Unternehmen auch die Chance gesehen, frei nach dem Motto:
„Wenn nicht jetzt, wann dann? Wir probieren das jetzt aus!“
Braucht es hier eine Erweiterung des bestehenden Methodenkoffers? Oder kann vieles aus dem Analogen auch direkt in die digitale Welt übernommen werden?
Elementar ist, wie die innere Einstellung zur Digitalisierung ist. Wir von Elementartraining waren bereits vor Corona aktiv digital. Dadurch hatten wir den Vorteil, bereits gut aufgestellt zu sein und nicht Flickschustern zu müssen.
Angefragt wurden digitale Module vor Corona jedoch wirklich selten. Dennoch haben wir bereits vor zweieinhalb Jahren angefangen uns fortzubilden und intensiv zu prüfen, welche unserer Formate digital darstellbar oder erweiterbar sind. Es gibt Themen, die weiterhin ausschließlich analog möglich sind. Es gibt allerdings auch Formate die eine Mischung zwischen Online und Präsenz darstellen, das sind die hybriden Formate. Wir können 80 % unserer Formate digital realisieren. Modifiziert und anders als gewohnt, jedoch ebenso effizient und erfolgreich.
Der Rahmen hat sich geändert, das Ergebnis jedoch ist gleich geblieben. Oft sogar kosteneffizienter, zeitlich flexibler und mitarbeitendenfokussierter.
Wir benutzen zum Beispiel Buddy-Gruppen, in denen sich die Teilnehmer austauschen und miteinander arbeiten können. daneben gibt es Learning Sessions, Wissens-Nuggets und virtuelle Workshop-Module. Anstatt, wie bisher oft üblich, zwei Tage am Stück eine Veranstaltung zu besuchen, bereiten wir im Dialog mit unseren Kunden ein individuelles Konzept vor, in dem unterschiedliche Sessions enthalten sind, die nach dem Blended Learning Ansatz gestaltet werden.
In der öffentlichen Diskussion geht es viel um Tools und Programme. Es geht jedoch weniger um die Frage, ob wir grundsätzlich die Art der Zusammenarbeit ändern können. Welche strategischen Möglichkeiten gibt es, um dies den Mitarbeitenden zu erleichtern? Und sie besser einzubinden?
Genau das sind die großen Fragen, die uns alle momentan beschäftigen. Kann ich das Home-Office integrieren? Behalten wir Remote Working bei? Was verändert sich im Miteinander und in organisatorischen Prozessen? Wie schaffe ich es, die Menschen weiterhin zu motivieren, egal an und von welchem Arbeitsplatz aus?
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es Menschen gibt, die Home-Office gerne mögen. Und es gibt Menschen, die brauchen ihre gewohnten Büroabläufe. Die Kaffeemaschine im Flur, den Schnack mit den Kolleg*innen und das Meeting im Büro der Chef*innen.
Das sind genau die Themen, mit denen wir uns dann beschäftigen: wie schaffen wir es, diese Mitarbeitenden auch im Home-Office zu integrieren, so dass sie sich wohl fühlen? Wie schaffen Mitarbeitende es, achtsam mit sich und ihrem Tagesablauf umzugehen? Wie können sie dieser unsicheren Situation mit einem positiven Stressmanagement begegnen? wie bilden sich virtuelle Teams? Wie führe ich digital? Wie priorisieren ich? Wie gehe ich damit um, wenn ein gewohnter Ablauf weg bricht?
Es war und ist sehr spannend zu sehen, dass diese Wünsche direkt von den Mitarbeitenden kommen. Das sind die Themen, die sie wirklich bewegen und die wichtig sind und weiterhin bleiben.
Während viele Führungsverantwortliche sich mehr Gedanken darüber gemacht haben, ob die Menschen im Home-Office eigentlich arbeiten oder Netflix und Chill praktizieren, haben sich die Mitarbeitenden aktiv mit ihrer Situation und dem, was sie benötigen, auseinandergesetzt. Für die Führungsverantwortlichen und Unternehmen bedeutet diese Situation natürlich einen Kontrollverlust und eine Auseinandersetzung mit den Themen Vertrauen und Eigenverantwortung. Auch wichtige Faktoren, die in Coachings oder Trainings digital aufgearbeitet werden sollten, um sowohl für Führungskräfte als auch für Mitarbeitende ein stabiles Netz und ein starkes Netzwerken zu ermöglichen.
Wir haben immer wieder die Aussage gehört:
„Ich arbeite im Home-Office gefühlt viel mehr und viel konzentrierter als sonst, Ich schaffe auch viel mehr, dennoch ist diese Art der Arbeit ganz anders als alles, was ich gewohnt war und es strengt mich sehr an, mit diesen neuen Methoden umzugehen.“
Da war und ist also ein ganz großer Bedarf, sich an diese neue Art des Arbeitens zu gewöhnen und gute Methoden an die Hand zu bekommen.
Liegt dieses Gefühl mit daran, dass besonders im Home-Office die im Büro-Alltag oft nebenbei laufenden Mini-Pausen fehlen? Beim Kaffee holen, beim Smalltalk mit dem Kollegen, beim Weg zum Meeting-Raum?
Ja, diese Erfahrung haben wir genauso auch gemacht. Dadurch dass in den virtuellen Räumen bereits alles vorhanden ist und wir bereits schon im richtigen Gebäude und Raum sitzen, fallen diese Weg- und Vorbereitungspausen, in denen wir etwas anderes machen, als vor dem Rechner zu sitzen, weg. Analog dazu wurden viele Meetings enger getaktet. Dadurch fällt jedoch die Möglichkeit weg, das vorher Gehörte und Besprochene zu verarbeiten. Den Blick vom Rechner abzuwenden. Durchzuatmen.
Als logische Reaktion darauf wird Wissen nicht angeeignet, Informationen nicht verarbeitet und die Konzentration lässt nach. Was dazu führt, dass Leute in virtuellen Meetings nicht mehr aktiv mitmeeten. Und so genau das Szenario produziert wird, welches wir vermeiden wollen.
Kommt dann der Einwurf: „Dann können wir es uns ja auch ganz sparen?“
Das ist das, was wir mit Sorge betrachtet und ab und zu auch erlebt haben. Für viele Unternehmen war es schwierig zu verstehen, dass Mitarbeitende mehr benötigen als funktionierende Tools, Kontrolle und Zeit. Wir Menschen brauchen, um leistungsfähig zu sein und zu bleiben, bestimmte Bedingungen. Unsere Leistungskurve verändert sich über den Tag hinweg. Wo manche Menschen 20 Minuten konzentriert bei einem Thema bleiben können, schaffen es andere bis zu 40 Minuten. Über 60 Minuten, wird es für jeden schwierig, mental wirklich bei einem Thema zu bleiben, ohne dass der Blick doch abschweift ins Grüne oder die Gedanken sich selbstständig machen. Doch seit der Digitalisierung wurde dies von vielen Mitarbeitenden erwartet.
Neben der Gefühl der Unsicherheit, hat dies dazu geführt, dass die Leute starke Erschöpfung empfunden haben.
Fehlt durch digitale Formate nicht auch der sichtbare Abschluss der Arbeit hin zum Feierabend? Wenn das Pendeln wegfällt, das Aufschließen der Haustür und das hinter sich lassen der Arbeitsstätte? Wie können wir dieses Signal anders darstellen, um uns mental in den Feierabend zu verabschieden?
Zum Einen fällt der Weg zur Arbeit weg, der ja auch für uns Menschen eine Aufwärmphase ist – vergleichbar mit Sport. Niemand geht direkt in den Wettkampf. Davor steht immer eine Phase des Vorbereitens. Ebenso brauchen wir Menschen diese Phase auch für unseren Arbeitsalltag. Um uns auf unseren Arbeitsplatz und die uns dort erwartenden Situationen einzustellen. Um den Fokus zu wechseln.
Diese Phase des sich Eingroovens, der Neufokussierung und der gedanklichen Vorbereitung auf die Arbeit fehlt im Home-Office. Auch wenn jeder von uns seine morgendlichen Rituale hat, sind wir dennoch ab dem Moment, an den wir uns vor den Bildschirm setzen, von jetzt auf gleich in einem anderen Modus. Dann kann es zu Denkblockaden, sinkender Produktivität und Motivationsstörungen kommen. Die Devise sollte daher auch im Home-Office sein: Aufwärmen – Wettkampf – Regeneration.
Wie können wir im Home-Office sicherstellen, dass wir dieser Devise folgen? Dass wir uns aufwärmen, produktiv arbeiten können, Pausenzeiten nehmen und nach Feierabend nicht mehr erreichbar sind?
Wir benötigen im Home-Office eine klare Struktur. Diese Struktur muss von jedem individuell nach seiner Leistungskurve gesetzt werden. Eine externe Struktur funktioniert nicht. Diesem Ablauf müssen wir folgen, um eine effiziente Basis für unseren Alltag im Home-Office herzustellen.
Wenn wir wissen wo unsere Peaks in unserer Leistungskurse sind, können wir unsere Zeit dementsprechend planen. Wenn wir dann noch eine Aufwärmphase von 20-30 Minuten hinzufügen, sind wir zum Zeitpunkt unseres Leistungshoch mental bestens aufgestellt. In der Phase des Aufwärmens und Ankommens im Homeoffice können wir beispielsweise leichte Sachen abarbeiten oder Dinge erledigen, die uns nicht wirklich herausfordern. Um die wirklich herausfordernden oder wichtigen Arbeiten auf die Zeit unseres individuellen Leistungshochs zu legen.
Oft können wir Strukturen aus den Erfahrungen unseres Büroarbeitsalltags auf das Homeoffice adaptieren. Ob wir uns als Hilfe die Eieruhr stellen oder unsere Struktur etwas lockerer halten, ist eine Frage unserer Vorlieben und unserer Persönlichkeit.
Im Büro gibt es oft Signale, die anzeigen, dass sich einer der Mitarbeitenden in einer Fokuszeit befindet und nicht gestört werden möchte. Dort kann man gegebenenfalls die Bürotür zu machen, sich in einen separaten Raum zurückziehen oder mitteilen, dass man nicht gestört werden möchte. In der digitalen Arbeit fehlen diese Signale oder sie werden in den digitalen Tools oft nicht benutzt. Wie kann hier eine aktive Steuerung erfolgen?
Hier sind Unternehmen, Teams und auch Führungskräfte gefragt, um gültige und anerkannte Vorgehensweise zu entwickeln. Das können virtuelle Signale sein, das kann die eingeschaltete Mailbox sein oder das Ausschalten von Inboxfunktionen. Wichtig ist, dass es diese Signale gibt und sie aktiv benutzt und akzeptiert werden. Ansonsten tritt der so genannte Sägeblatteffekt ein: Jede Unterbrechung einer Fokussierung bedarf 8 Minuten Zeit, um mit Beendingung der Unterbrechung wieder in die Fokussierung zu kommen. Das kostet viel Energie, da wir gefühlt jedes Mal neu anfangen.
Hier ist es elementar, in sich selber hinein zu horchen, um zu verstehen, was wir selber brauchen, um motiviert und erfolgreich zu arbeiten. Und dies zu verbalisieren und soweit möglich, Sorge zu tragen, dieser Strategie folgen zu können. Hier sind selbstverständlich auch die Führungskräfte und die Leitbilder von Unternehmen gefragt, die genau dieses Vorgehen unterstützen und bedienen müssen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass der Tag unproduktiv, frustrierend, stressend und demotivierend abläuft.
Jeder von uns, ob Schüler*in, Student*in, Auszubildende*r, Mitarbeitende*r oder Führungsverantwortliche*r, hat in der digitalen Welt also die gleichen Themen und Herausforderungen?
Im Prinzip ja. Bei uns allen ist der Transfer oft noch holprig. Dies liegt zum Teil an der Bereitschaft von Organisationen und Unternehmen, diese Themen und die Notwendigkeit des digitalen Learning and Development ernst zu nehmen. Auch wenn in vielen Unternehmen lebenslanges Lernen als Plakat im Flur hängt, führt dies noch lange nicht zu einer gelebten Lernkultur. Und genau hier liegt der Unterschied: hängt das Plakat dort als Greenwashing oder ist Lernen wirklich gewollt?
Bei den Unternehmen, die Entwicklung und Lernen aktiv leben, stellen wir sehr schnell fest, dass sie sich weiterentwickeln. Nicht nur am Markt, sondern auch intern. Die Mitarbeiterzufriedenheit steigt, die Loyalität steigt, die Attraktivität am Arbeitsmarkt steigt ebenso wie Kundenbindung und der positiv wahrgenommene USP.
Für die Arbeitnehmenden ist es also wichtig, Möglichkeiten und Angebote zur Weiterbildung und Entwicklung zu bekommen.
Für Unternehmen ist es elementar, den Mut zu haben, dies auszuprobieren. Und sich selber die Chance zu zugestehen, sich zu verändern und zu entwickeln. Analog mit ihren Mitarbeitenden.
Wer mehr über unsere Arbeit, Herausforderungen im Homeoffice und Lernstrukturen erfahren möchte, kann das in dieser Folge des Bildungsupdates by Robert P. Fabian – vielen Dank an dieser Stelle nochmal für die Einladung und das inspirierende Gespräch:
© by Sebastian Arps